Die diesjährigen Regionalfachtage am 08. September im Jugendbildungszentrum Blossin und am 22. September im Oranienwerk standen ganz im Zeichen der aktuellen Krisen. Es ging darum, was die Coronakrise, die Klimakrise und der Krieg in der Ukraine für Heranwachsende bedeuten, wie pädagogische Fachkräfte sie dabei begleiten und welche Rolle die Medienbildung bei deren Bewältigung spielt. Die Fachtage sind ein Angebot des Bildungsprogramms jumblrJIM – Jugendmedienbildung im ländlichen Raum – und dienen Fachkräften der Kinder- und Jugendarbeit in Brandenburg zum Austausch.
Die Medienwissenschaftlerin und Expertin für Jugendbeteiligung Dr. Anna Grebe sprach in ihrer Keynote von den dauerhaften und aktuellen Problemlagen der Jugendphase. Verselbstständigung, Selbstpositionierung und Qualifizierung als Kernherausforderungen für junge Menschen kumulierten mit den aktuellen gesamtgesellschaftlichen Schwierigkeiten zu einer „Polykrise“. Medienbildung sollte in diesem Zusammenhang nicht als Zusatzaufgabe, sondern als integraler Bestandteil von Krisenbewältigung betrachtet werden, indem sie sich auf ihre Kernaufgaben besinnt wie beispielsweise die Entwicklung von Informationskompetenz, Resilienzbildung, Identitätsarbeit in Sozialen Medien und der Aufbau von hybriden Beteiligungswelten auf kommunaler Ebene.
In den Praxis-Workshops ging es dann um konkrete Umsetzungen im Umgang mit aktuellen Krisen. Neben den psychischen Folgen benennt Anna Grebe den Rückzug in digitale Lebenswelten als Sekundär-Effekt der Corona-Pandemie. In den Workshops zum Thema „Aufsuchende Jugendarbeit auf Social Media Plattformen“ wurden Möglichkeiten und Grenzen dieser Form der Kontaktaufnahme diskutiert. Fabian Wörz und Lisa Mutschke vom JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis Berlin – stellten das Pilotprojekt „Digital Streetwork Bayern“ vor und teilten ihre Erfahrungen mit Plattformen und Tools.
Das Engagement in der Klimakatastrophe findet laut Anna Grebe neben der Fridays for Future Bewegung insbesondere im Nahraum statt. In den Workshops zum Thema „Umweltprojekte mit Mikro-Controllern umsetzen“ wurde aufgezeigt, wie solche Projekte aussehen können. Dr. Dieter Müller und Carolin Clausnitzer von der Technologiestiftung Berlin und Moritz Heine von den Jungen Tüftler*innen stellten Methoden zur nachhaltigen Entwicklung vor, die mit Making und Coding-Formaten umgesetzt werden, u.a. mit der Programmiersprache „Scratch“. Die Teilnehmer*innen lernten verschiedene Microcontroller, Sensoren und Programmiersoftware kennen, mit deren Hilfe verschiedenste Automaten gebaut werden können.
Die Corona-Pandemie erforderte ein schnelles Handeln pädagogischer Fachkräfte. Anna Grebe spricht von einem Spagat zwischen Improvisation und Regelbefolgung. Der Workshop mit Sebastian Henning vom JIM Biesenthal zeigte auf, wie sich Projekte, die aus der Not des Lockdowns entstanden sind, verstetigen. Der virtuelle Jugendclub hat das Potential sich vom spontanen Mikro-Projekt zu einer Form hybrider Beteiligungswelt zu entwickeln.
Die Praxisimpulse wurden von Austauschrunden flankiert, die Dr. Guido Bröckling und Julian Erdmann vom JFF Berlin moderierten und begleiteten. Es wurden Herausforderungen und Lösungsansätze, die vor Ort entwickelt wurden, gesammelt. Die Teilnehmer*innen gewährten einen Einblick in die Themen, die Jugendliche in ihrer täglichen Arbeit an sie herantragen. Die Ergebnisse der Auswertung fließen in die Arbeit des jumblr-Programms ein.