Nachlese zur jumblr-Jahrestagung „Brandenburg lebt Medienbildung“ am 22.11. in Potsdam

Am 22. November 2023 trafen sich Fachkräfte aus dem Feld der (medien-)pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in der Wissenschaftsetage im Bildungsforum Potsdam zur jumblr-Tagung. Bei dieser wurden unter dem Titel „Brandenburg lebt Medienbildung“ Medienpädagogische Ansätze und Konzepte für die Jugendarbeit in ländlichen Räumen diskutiert.

Die Tagung startete nach der Begrüßung durch die Projektleiterin des Projekts jumblr des Landesfachverbandes Medienbildung Brandenburg e.V. (lmb), Isgard Walla, mit drei Keynotes, die das Thema Medienbildung aus den Perspektiven öffentliche Meinungsbildung, Kinder- und Jugendarbeit sowie Kinder- und Jugendbeteiligung beleuchteten. Die drei Speaker*innen nannten hierbei sowohl Visionen als auch praktische Aspekte zur Umsetzung.

Dr. Katrin Rothemund von der Medienanstalt Berlin Brandenburg erläuterte, dass Meinungsbildungsprozesse zwar durch traditionelle Medien, aber auch immer mehr durch Social Media mitgeformt werden. Letzteres sei eine Berichterstattung, die sich nicht um Objektivität, sondern um Aufmerksamkeit qua Emotionalität bemüht. Sie wies darauf hin, dass Medienkompetenz im Sinne der kritischen Auseinandersetzung mit medialer Berichterstattung in diesem Kontext an Bedeutung gewinnt.

Stoyan Radoslavov vom Büro Berlin des JFF führte aus, dass Jugendarbeit grundsätzlich von Kindern und Jugendlichen, ihren Bedürfnissen, Lebenswelten und Entwicklungsaufgaben ausgeht. Er wies darauf hin, dass in einer digitalisierten Gesellschaft die Trennung zwischen formellen und informellen Bildungsangeboten immer schwieriger ist und unnötiger wird. Ebenso wie die Trennung zwischen den verschiedenen Disziplinen Sozialarbeit, Kulturelle Bildung, Politische Bildung und Medienbildung. Er forderte eine Verbundenheit, um einen uneingeschränkten Zugang zu Erfahrungsräumen, Bildungsprozessen und Bezugspersonen zu ermöglichen.

Katrin Krumrey, die Kinder- und Jugendbeauftragte des Landes Brandenburg wies darauf hin, dass digitale Medien das Potential bieten, mehr Jugendliche in Entscheidungsprozesse einzubeziehen und auch auf spielerischen Wegen zu erreichen. Sie führte aus, dass Medienbildung in dem Falle heißen würde, Beteiligungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Damit daraus echte Beteiligung würde, müsste ein Umdenken stattfinden und Kindern- und Jugendliche als Expert*innen ihrer Belange auf Augenhöhe begegnet werden.

„Lobbyarbeit ist wichtig!“

Im sich an die Keynotes anschließenden Worldcafé zu den Hürden und Potentialen der Medienbildung, wurde in Kleingruppen diskutiert, wie aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen und Querschnittsthemen begegnet werden kann und, was es dazu braucht. Diese Fragen wurden in fünf Gruppen mit Expert*innen diskutiert: „Digitale Jugendarbeit“ (Cornelia Kern und Isgard Walla, lmb e.V.), „Nachhaltigkeit“ (Jörn Jaschke, GemüseBeatz), „Diversität“ (Dr. Sophie Reimers, AKJS), „Extremismus“ (Timon Strnad, mediale pfade.org) und „Haltung“ (Stoyan Radoslavov, Büro Berlin JFF).

In den Kurzberichten aus den fünf Tischgruppen wurden verschiedene Aspekte benannt, die sich gesellschaftlich, strukturell oder auch (medien-)pädagogisch ändern müssten.

Hierzu gehörten beispielweise:

  • Lobbyarbeit ist wichtig. Im Bewusstsein und Handeln von Politik und Verwaltung muss nicht nur die schulische Bildung, sondern auch die freiraumorientierte Jugendarbeit verankert werden. (Digitale Jugendarbeit)
  • Ein Bewusstsein und eine Reflexion über das eigene Nutzungsverhalten von Ressourcen. (Nachhaltigkeit)
  • Die Entwicklung einer Haltung sowie eine stärkere Vernetzung von pädagogischen Fachkräften. (Diversitätssensibilität)
  • Einbindung von Influencer*innen in die politische Bildung sowie das Befragen von Jugendlichen, was ihnen fehlt. (Extremismus)
  • Eine wertschätzende, kommunikative Grundhaltung leben, in den Diskurs gehen und hierbei Jugendliche beteiligen. (Haltung)

„20 Sekunden können ganz schön lang sein!“

Nach der Mittagspause, in der die AR/VR-Medienbox des lmb ausprobiert werden konnte, folgten Präsentationen aus der medienpädagogischen Praxis. In den vier Präsentationen im Pecha Kucha – Format (20 Bilder à 20 Sekunden Redezeit) ging es um Erfahrungen mit den Angeboten des lmb – insbesondere im Rahmen des Projekts jumblr.
Die beiden Projektverantwortlichen Cornelia Kern und Isgard Walla gaben in ihrer Präsentation einen Einblick in ihre Arbeit im jumblr-Projekt. Tobias Urban von der Stiftung SPI Beeskow berichtete von der Medienpädagogischen Werkstatt zum Thema digitale Musik, die ihn zu neuen Musik-Angeboten in seiner offenen Jugendeinrichtung in Beeskow inspiriert hatte. Franziska Reifenstein vom Nix e.V. berichtete vom Nachklang der Praxisqualifizierung „Nachhaltigkeit“ in ihrer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in Groß Schacksdorf. Kristin Ehlert von Young Images e.V. stellte in ihrer Präsentation den Bedarf von Fachkräften nach Technik in Kombination mit medienpädagogischer Expertise dar und stellte die Medienboxen vor, die der lmb zur Ausleihe anbietet.

„Medien sind ein Teil von Gesellschaft“

Nach einer kurzen Pause diskutierten Jana Köstel (Jugendkoordinatorin und Clubleitung Die Brücke e.V.), Alexander Lipp (Vizepräsident Brandenburgischer Pädagogen-Verband (BPV)), Sebastian Müller (Fachverband Jugendarbeit / Jugendsozialarbeit Brandenburg e. V.) und Björn Schreiber (Geschäftsführer des lmb e.V.), unter der Moderation von Margaux Richet, Fragen der Medienbildung.

Björn Schreiber betonte im Talk, dass Medien ein immanenter Teil von Gesellschaft sind und unser Handeln, Leben, Arbeiten und Lernen beeinflussen. Auch wenn neue Technologien pädagogische Fachkräfte in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen immer wieder vor neue Herausforderungen stellen, müssen Medien im Sinne einer Lebensweltorientierung auch in der Jugendarbeit berücksichtigt werden. Er stellte klar, dass „Jugendarbeiter*innen keine willigen Vollstrecker von schulischen Bildungszielen“ seien, sondern eigene Ziele, Ansätze und Methoden haben.

Jana Köstel betonte ebenfalls, dass das Themenspektrum, in dem sich Jugendarbeiter*innen bewegen sehr breit (Musik, Graffiti, Sport, Medienthemen etc.) sei und dass nicht alle alles können müssten. Es sei jedoch wichtig, dass man neugierig und aufmerksam bleiben und die Kolleg*innen, die in ländlichen Räumen oft Einzelkämpfer*innen seien, stärken und miteinander vernetzen müsse.

Alexander Lipp benannte Schule und außerschulische Medienbildung als zwei Seiten einer Medaille, die trotzdem klar durch Bildungsauftrag und Wertungszwang auf der einen Seite und Freiwilligkeit und Freiheit auf der anderen Seite ihre Eigenheiten bewahren müssten. Er erzählte zudem von guten Erfahrungen, die gemacht wurden, wenn Schule, Eltern und Schüler*innen gemeinsam in Stadtverordnetenversammlungen gehen würden, um dort auf Missstände aufmerksam zu machen.

Sebastian Müller betonte die strukturellen Schwierigkeiten in Brandenburg, in denen oft nur eine Person für 10 Standorte der Kinder- und Jugendarbeit zuständig sei. Diese kann dann nur nach dem Rechten gucken und hat wenig Gelegenheit, um medienpädagogisch zu arbeiten. Er sieht Kooperationen als Schlüsselelement, um diesen Problemen zu begegnen.

Danke!

Den Abschluss der Tagung bildete eine Verabschiedung und Danksagung an alle Anwesenden, die zum guten Gelingen der Tagung beigetragen hatten.
Das jumblr-Team bedankte sich darüber hinaus herzlich beim ausscheidenden Geschäftsführer des lmb, Björn Schreiber, für die gute Zusammenarbeit, die das Projekt erfolgreich vorangetrieben hat.

Die Tagung moderierte Margaux Richet.

Ihre Ansprechpartner*innen

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Isgard Walla

Referentin für Medienbildung | Projektleitung jumblr – Jugendmedienbildung im ländlichen Raum
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Cornelia Kern

Bildungsreferentin | Projektmitarbeit jumblr – Jugendmedienbildung im ländlichen Raum
24. November 2023